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Die Gedenkstätte und Museum Trutzhain

Die Gedenkstätte und Museum Trutzhain befindet sich im Ortsteil Schwalmstadt-Trutzhain ca. 50 km südlich von Kassel. Sie wurde 2003 am historischen Ort des ehemaligen Kriegsgefangenlagers STALAG IX A Ziegenhain eröffnet und erinnert an das Schicksal und die völkerrechtswidrige Behandlung von Kriegsgefangenen aus West- und Osteuropa während der Zeit des Nationalsozialismus sowie an die Folgen des Krieges, an Flucht und Vertreibung.

Seit den 1980er Jahren haben sich verschiedene Akteure - Privatpersonen aus Trutzhain, ehemalige französische Kriegsgefangene der Vereinigung „Les Anciens du STALAG IX A“, Mitgliedern des Arbeitskreises „Spurensicherung“ des DGB Kreisverband Schwalm-Eder – mit zum Teil gegensätzlichen Interessen mit der Geschichte des Ortes Trutzhain auseinandergesetzt. Durch das Engagement der Stadt Schwalmstadt seit 1995 und der Bundes- und Landesförderung konnte die umfassende Konzeption der Gedenkstätte und Museum Trutzhain realisiert werden.

Neben der Dauerausstellung, die sich in den Räumen einer früheren Wachbaracke des STALAG IX A Ziegenhain befindet, gehört ein umfangreicher Außenbereich zur Gedenkstätte: die ehemalige Lagerstraße mit ihren Baracken, die heute den Ortskern von Trutzhain bilden, und zwei Friedhöfe (Kriegsgräberstätten). Die Struktur des früheren Kriegsgefangenenlagers ist nahezu unverändert erhalten und steht seit 1985 unter Denkmalschutz.

Zur Geschichte

STALAG IX A Ziegenhain

Das STALAG IX A Ziegenhain wurde unmittelbar nach dem Überfall Nazi- Deutschlands auf Polen im September 1939 errichtet. Bis zur Befreiung am 30.03.1945 war es das größte Kriegsgefangenenlager auf dem Gebiet des heutigen Hessen. Im September 1944 gehörten mehr als 53.000 Kriegsgefangene zum STALAG Ziegenhain, davon waren über 43.000 in Arbeitskommandos außerhalb des Lagers zur (Zwangs-) Arbeit eingesetzt. Im Lager waren Kriegsgefangene unterschiedlicher Nationalitäten interniert: Polen, Belgier, Briten, Jugoslawen (Kroaten/Serben), Sowjets, Italiener und US- Amerikaner. Die französischen Gefangenen stellten bis Kriegsende die größte Gruppe. Zu ihnen gehörte der spätere französische Staatspräsident François Mitterrand.

Die rassistische Ideologie des NS-Staates zeigt sich in der Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen. Mit ihrer Ankunft im Herbst 1941 wurde ein vom Hauptlager durch Stacheldraht abgetrenntes so genanntes „Russenlager“ eingerichtet. Aufgrund menschenunwürdiger Lebensbedingungen starben viele Sowjets an Unterernährung, Seuchen oder Misshandlung. Ihre Leichen wurden auf dem „Russenfriedhof“ zum Teil in Massengräbern verscharrt.

Nachkriegsgeschichte des Lagers

Nach der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers nutzte die US-Armee das Areal von März 1945 bis zum Sommer 1946 als Internierungslager (CI-Camp 95) zur Unterbringung von Wehrmachtssoldaten, Mitgliedern der NSDAP, von SA- und SS Angehörigen.

Antisemitische Übergriffe und Pogrome in Osteuropa führten ab Sommer 1946 zur Massenflucht von mehr als 200.000 überwiegend polnischen Juden in die westlichen Besatzungszonen Deutschlands. Anfang August 1946 richtete die amerikanische Militärregierung in den wieder leerstehenden Baracken des STALAG IX A Ziegenhain das DP-Lager 95-443 Ziegenhain ein. Bis Ende November 1947 wurde das Lager für durchschnittlich 2.000 osteuropäische Juden zur „Durchgangsstation“ auf ihrem Weg nach Palästina, in die USA oder ein anderes Land. Bis heute wird nur an wenigen Orten an das Schicksal der jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland erinnert.

Die letzte Nutzung des Lagers Ziegenhain begann im Frühjahr 1948 mit der Ansiedlung von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland. Sie gründeten 1951 die damals jüngste hessische Gemeinde Trutzhain.

Angebote

Als ein Ort der außerschulischen Bildung bietet die Gedenkstätte und Museum Trutzhain vielfältige Möglichkeiten für die Auseinandersetzung mit der NS- und Nachkriegsgeschichte. Sie verfügt über eine umfangreiche Präsenzbibliothek, verschiedene Medienangebote, ein Archiv mit einer größeren Sammlung von Dokumenten und Fotos zum Kriegsgefangenenwesen und zu den anderen Lagerphasen sowie über eine Sammlung von Zeitzeugenberichten.

Das pädagogische Angebot umfasst Führungen durch die Dauerausstellung und das Außengelände, Workshops und Projekttage. Regelmäßig werden Fortbildungen für Lehrkräfte, Referendarinnen und Referendare sowie Studierende durchgeführt. In Abendveranstaltungen (Vorträgen, Lesungen, Zeitzeugengesprächen) findet eine Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Themen statt.

Für die selbständige Erkundung des Gedenkstättengeländes ist ein Rundgang über einen QR-Code abrufbar.

Anschrift

Gedenkstätte und Museum Trutzhain
Seilerweg 1
34613 Schwalmstadt-Trutzhain
Tel.: 06691 710662
E-Mail: info@gedenkstaette-trutzhain.de

Homepage

Internet: www.gedenkstaette-trutzhain.de

Öffnungszeiten

Dienstag bis Donnerstag: 9.00 bis 13.00 Uhr und 14.00 bis 16.00 Uhr
Freitag: 9.00 bis 13.00 Uhr
-        oder nach Vereinbarung  -

Jeden 2. und 4. Sonntag im Monat 14.00 bis 17.00 Uhr

(Sonderöffnungszeiten während der hessischen Ferien: Dienstag bis Freitag 14.00 bis 17.00 Uhr)

Eintritt und Führungen frei. Informationsfaltblatt kostenlos erhältlich.

Leitung

Karin Brandes M.A.

Träger

Magistrat der Stadt Schwalmstadt
Marktplatz 1
34613 Schwalmstadt

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