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Beutelsbacher Konsens

Beutelsbacher Konsens verpflichtet hessische Lehrkräfte gegen Indoktrination, aber nicht zur Wertneutralität

„Der Einsatz für Freiheit und Demokratie ist nie neutral, sondern muss engagiert und politisch pointiert sein. Das Mittel des Einsatzes ist das Argument und der Abgleich der jeweiligen Argumente. Mitunter reicht die analoge oder digitale Weitergabe von Wissen gegen das durch Nichtwissen erzeugte Vermuten oder schnelle Behaupten. Jedoch dient dieser Einsatz für die Demokratie niemals parteipolitischen Interessen, sondern dient einzig und allein der Wahrung der Werteordnung unseres Grundgesetzes. Die Partei des politischen Bildners ist das Grundgesetz.“

Dr. Alexander Jehn, Direktor der HLZ

Der Beutelsbacher Konsens, der im Jahr 1976 auf Initiative der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg erarbeitet wurde, ist bis heute geltender Standard für den politisch-historischen Unterricht an allen Schulen Hessens. Er wird auch außerhalb Deutschlands in vielen Ländern beachtet. Seine Grundbestandteile sind ein Indoktrinationsverbot, ein Gebot, politisch Kontroverses auch kontrovers darzustellen sowie Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen, ein eigenständiges Urteil über politische Themen zu gewinnen.
 
Selbstverständlich sind auch die hessischen Lehrkräfte zuallererst dazu verpflichtet, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung und damit die Werte des Grundgesetzes und der Landesverfassung einzutreten. Zudem haben sie die Aufgabe, Schülerinnen und Schüler im Geiste der Demokratie, Menschenwürde und Gleichberechtigung zu erziehen. Die dafür notwendige Überparteilichkeit ist nicht mit Wertneutralität zu verwechseln. Wenn ein amerikanischer Präsident pauschal über einzelne Bevölkerungsgruppen herzieht, die Unabhängigkeit von Richtern infrage stellt, Wahlergebnisse zu seinen Ungunsten nicht anerkennen will oder kritische Medien am liebsten verbieten würde, dann ist dies im „Politik & Wirtschaft“-Unterricht im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung selbstverständlich kritisch zu beleuchten.

Auch ein russischer Präsident, der sich abfällig etwa über Homosexualität äußert, muss sich einer kritischen Betrachtung stellen. Dasselbe gilt auch für politische Parteien, die Antisemiten in ihren Reihen dulden, erkennbare personelle Überlappungen in die rechtsradikale und rechtsextremistische Szene aufweisen und deren Abgeordnete bei Demonstrationen mitlaufen, bei denen offen der unter Strafe stehende Hitler-Gruß gezeigt wird. Dies kann im PoWi-Unterricht nicht nur kritisch angesprochen werden, dies muss kritisch angesprochen werden. Aber auch im Geschichtsunterricht, im Fach Religion, im Deutschunterricht oder in Ethik können und müssen solche kritischen Diskussionen möglich sein.